Das Denkmal
im Heidedorf Schwalingen
Schwalingen im August 1914.
Unübersehbar, gleich auf der 1.Seite der "Böhme-Zeitung", ist am 3.August
1914 der Befehl des deutschen Kaisers Wilhelm II. abgedruckt: "Seine Majestät
der Kaiser haben die Mobilmachung der Armee und Marine befohlen": Zwei
Tage zuvor, am 1.August 1914 hatte das Deutsche Reich als Bündnispartner des
Kaiserreiches Österreich-Ungarn dem Kaiserreich Russland den Krieg erklärt.
Am heutigen Montag, den 3.August, folgt die Kriegserklärung an das Kaiserreich
Frankreich.
Krieg ! Wenn vielleicht auch hier und da Begeisterung im Dorf zu hören ist,
dass es gegen den "Franzmann" geht, wie so siegreich vor über 40 Jahren, so
zieht doch im engen Kreis der Familie die Sorge um ihre Väter, Söhne und
Brüder ein, die in den Krieg ziehen werden.
Allen Wehrpflichtigen des Deutschen Reiches der Jahrgänge 1870 bis
einschließlich 1897 wird durch die Mobilmachung befohlen, sich bei ihren
zuständigen Militärdienststellen oder Behörden zu melden.
Von diesem Befehl wird auch Friedrich Karl Gebers auf dem
Schwalinger Halbhof "Hinz" erfasst. Er ist nachgeborener Sohn, Jahrgang 1893,
bei Ausbruch des Krieges 21 Jahre alt und unverheiratet. Von Beruf ist Friedrich
Karl Gebers Zigarrenmacher, vielleicht ist er sogar bei einem der Schwalinger
Zigarrenmacher angestellt. Sein Vater Hinrich Christoph Gebers ist bereits im
Jahre 1908 im Alter von 61 Jahren verstorben. Halbhöfner auf dem elterlichen
"Hinz"-Hof ist Friedrich Karl Gebers’ 11 Jahre älterer Bruder Wilhelm August.
12 Monate später, im Sommer 1915, ist Friedrich Karl Gebers Soldat an der
deutschen Ostfront. Als Musketier dient er im III.Bataillon, 10.Kompagnie des
Reserve-Infanterie-Regimentes Nr.230. Das Regiment ist Teil der 50.Reserve-
Division und nahm im späten Winter 1914/1915 an der "Winterschlacht in
Masuren" teil. Unter dem Befehl von Generalfeldmarschall Paul von Hindenburg
gelang es, die russischen Truppen wieder aus dem von ihnen seit Herbst 1914
besetzten deutschen Ostpreußen ostwärts zu verdrängen.
In monatelangen verlustreichen Verfolgungskämpfen zwingen die deutschen
Armeen den zurückweichenden russischen Gegner immer weiter ostwärts auf
polnisches Gebiet zurück, das damals zum Kaiserreich Russland gehörte. Jetzt,
im Sommer 1915, erobern sie Warschau, Brest-Litowsk, Wilna und dringen
weiter in Richtung der großen Pripjet-Sümpfe vor.
Anfang August 1915 kämpft das Reserve-Infanterie-Regiment Nr.230 mit
Friedrich Karl Gebers um den Besitz der Festung Rozan am Fluss Narew,
nördlich von Warschau. Der deutsche Vormarsch führt das Regiment
anschließend der sich ostwärts verschiebenden Frontlinie folgend nach Bielsk,
dann nordöstlich unter großen Verlusten über den Fluss Narew. In den ersten
Septembertagen 1915 wird der Fluss Njemen überquert, Mitte September die
Stadt Radun erreicht. Die großen Marschleistungen, die dauernden Gefechte mit
dem sich zurückziehenden russischen Gegner haben die Soldaten bis an die
Grenze ihrer Kräfte erschöpft, die Ausfälle durch Krankheit und Tod sind hoch.
Am 20.September 1915 bezieht das Reserve-Infanterie-Regiment Nr.230
den ihm zugewiesenen Frontabschnitt am Fluss Gawia bei dem Ort Subotniki,
um den Angriff über den Fluss weiter ostwärts vorzutragen. Jenseits des Flusses
sind feindliche Stellungen um das Dorf Zalesie von russischen Verteidigern
besetzt.
Friedrich Karl Gebers nimmt mit seinen Kameraden der 10.Kompagnie am
folgenden Tag, es ist der 21.September 1915, an dem befohlenen Angriff des
Reserve-Infanterie-Regimentes Nr.230 auf das Dorf Zalesie teil. Die russischen
Stellungen werden durchbrochen, der Gegner weicht in heftigen Gefechten den
angreifenden deutschen Soldaten und räumt schließlich das Dorf und die
Umgegend.
Als sich die Soldaten der 10.Kompagnie nach dem Angriff an ihrer
Sammelstelle nach und nach einfinden, fehlt auch Friedrich Karl Gebers. Es ist
nicht zu klären, ob er gefallen oder in russische Gefangenschaft geraten ist. Die
Vorgesetzten melden ihn als vermißt.
Der "Deutsche Heeresbericht" des Großen Hauptquartiers meldet am
22.September 1915: "... Der Gawia-Abschnitt ist beiderseits Subotniki
überschritten."
1 Woche später, am 29.September 1915 wird das Reserve-Infanterie-
Regiment Nr.230 aus der Front in Russland herausgezogen. Schon im Oktober
1915 steht es in schweren Kämpfen an der Westfront in Frankreich.
Fast 2 Jahre später, im Spätsommer 1917, erfährt die Familie des Musketiers
Friedrich Karl Gebers auf dem "Hinz-Hof" zu Schwalingen durch die Mitteilung
des Führers der 10.Kompagnie des Reserve-Infanterie-Regimentes Nr.230, dass
ihr Sohn und Bruder in dem Angriffsgefecht bei Zalesie in Russland am
21.September 1915 gefallen ist - 22 Jahre alt.
Deutsche Verlustliste November 1915
Deutsche Verlustliste August 1917
Friedrich Karl Gebers
* 15.4.1893
21.September 1915
Halbhof “Hinz”, Schwalingen No.20